Ursprünglich wurden
alle Dinge betreffend der Schutzgebiete im „Dezernat für die deutschen
überseeischen Interessen“ im Auswärtigen Amt bearbeitet.
Erst am 1.April.1890 wurde durch Verfügung des Reichskanzlers eine
„Kolonial-Abteilung“ eingerichtet. Die Kolonialabteilung war wie ein
Reichsamt unmittelbar dem Reichskanzler unterstellt und dem Staatssekretär
des Auswärtigen Amtes nur nachgeordnet, wenn es sich um Beziehungen zu
fremden Staaten und um Fragen der allgemeinen Politik handelte.
Die Amtsbezeichnung des Leiters der Kolonialzentralverwaltung lautete vom
1.4.1890 bis 26.3.1894 Kolonialdirigent, vom 27.3.1894 bis 16.5.1907
Kolonialdirektor. Ein allerhöchster Erlaß vom 17.5.1907 (RGBl.S.239)
bestimmte, daß die bisher mit dem Auswärtigen Amt verbundene
Kolonialabteilung nebst dem Oberkommando der Schutztruppen fortan eine
besondere, dem Reichskanzler unmittelbar unterstellte Zentralbehörde unter
der Bezeichnung „Reichs-Kolonialamt“ zu bilden hatte. Das Reichskolonialamt
wurde durch einen Staatssekretär geleitet. Eine Allerhöchste Order, vom
23.6.1907 (DKB 1907, S.705) bestimmte, daß der Staatssekretär des
Reichskolonialamtes im Zuständigkeitsbereich dieser Behörde durch den
Unterstaatssekretär vertreten wurde. Das Reichskolonialamt wurde am
20.2.1919 in ein „Reichskolonialministerium“ umgewandelt. Dieses
Reichskolonialministerium war primär mit den Abwicklungsgeschäften für die
ehemaligen deutschen Schutzgebiete betraut. Am 1.April 1920 erfolgte die
Auflösung dieses Ministeriums. (Erl.RP v.29.3.1920, RGBl.S.380)
Durch das Gesetz „betreffend die Kaiserlichen Schutztruppen in den
Afrikanischen Schutzgebieten und die Wehrpflicht daselbst“ vom 18.7.1896
wurde die Befehlsgewalt über die Schutztruppen, die bis dahin dem
Reichsmarineamt unterstellt waren, dem Reichskanzler und durch ihn der
Kolonialabteilung übertragen.
Der Kolonialabteilung stand gemäß Allerhöchstem Erlaß vom 10.10.1890 ein
Kolonialrat zur Seite (DKB 1890, S.267), der aus Delegierten der
Kolonialgesellschaften und aus dem Reichskanzler berufenen Sachverständigen
zusammengesetzt war und Gutachten über die Vorlagen der Kolonialabteilung
abzugeben hatte. Am 17.2.1908 (DKB 1908, S.277) wurde der Kolonialrat durch
allerhöchsten Erlaß aufgelöst. Statt dessen sollten ständige Kommissionen im
Reichskolonialamt gebildet werden. Erst im Juli 1911 wurde eine „Ständige
Kommission zur Unterstützung der Kolonialverwaltung in wirtschaftlichen
Fragen“ einberufen, die allerdings nur zweimal tagte.
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Verwaltungsgliederung des
Reichs-Kolonialamtes 1913
(aus dem Handbuch für das Deutsche Reich. Bearbeitet im Reichsamt des
Inneren, Berlin 1913, S.369)
Das Reichs-Kolonialamt ist in vier Abteilungen gegliedert. Von diesen
bearbeiten drei die Geschäfte der Zivilverwaltung. Als vierte tritt die
Militärverwaltung (Kommando der Schutztruppen) hinzu.
Abteilungen der Zivilverwaltung
Abteilung A. Politische, allgemeine Verwaltungs- und Rechtsangelegenheiten
der Schutzgebiete.
Der Geschäftskreis der Abteilung umfasst die Gesetzgebung,
Behördenorganisation, Beaufsichtigung der Rechtspflege in den
Schutzgebieten, Rechtshilfesachen, Angelegenheiten der Polizei und inneren
Verwaltung der Schutzgebiete, Standesamtsachen, Verleihung der
Reichsangehörigkeit an Einwohner der Schutzgebiete, die Zoll- und
Steuergesetzgebung, wissenschaftliche Forschungen, Kartografie,
Landesvermessung, die hygienische Medizinal-, pharmazeutischen und
Veterinärangelegenheiten, die land- und forstwissenschaftlichen
Angelegenheiten der einzelnen Schutzgebiete, Bergwesen, Grenzregulierungen,
Konzessionen, Verleihung der Rechtsfähigkeit an Kolonialgesellschaften und
deren Beaufsichtigung, Besiedelung, Missions- und Schulwesen, Schiffahrts-,
Post- und Telegraphenangelegenheiten, Bankwesen, wirtschaftliche Statistik,
Jahresberichte, Redaktion des Kolonialblattes, Presssachen usw.
Abteilung B. Finanzen, Bauwesen, Verkehrsangelegenheiten und sonstige
technische Angelegenheiten.
Die Abteilung bearbeitet das Etats-, Kassen- und Rechnungswesen, die Münz-
und Währungsverhältnisse, der Versicherungswesen, die Eisenbahn- und
sonstigen Verkehrsangelegenheiten, das Tarifwesen, die Angelegenheiten,
betreffend Hoch-,Wege-, Wasser-, Brücken-, Maschinen-, Schiffsbauten,
Wassererschließung und andere öffentliche Arbeiten, Hafen- und Werftanlagen,
Küstenbetonnung und –befeuerung, die Angelegenheiten der Flottillen sowie
das Beschaffungswesen.
Abteilung C. Personalangelegenheiten.
Zur Zuständigkeiten der Abteilung gehören: Organisation der
Zentralverwaltung, Personalien einschließlich Disziplinarangelegenheiten,
die Hausverwaltung des Amtes usw.
Militärverwaltung (Kommando der Schutztruppen)
Abteilung M. Bei der Militärverwaltung werden in mehren Unterabteilungen
alle rein militärischen Angelegenheiten der Zentralverwaltung und der
Schutzgebiete bearbeitet, und zwar:
Operationen, Mobilmachungsangelegenheiten, Verteidigung der Kolonien,
Studium der Kolonien fremder Mächte, Feldsignal-, Post-, Telegraphie- und
Eisenbahnwesen, Verkehrsverhältnisse, Transportwesen, Organisation der
Schutztruppen, Dislozierung derselben, Ausbildung, Bewaffnung, Versorgung
mit Munition, Feld- und Heeresgerät, Bekleidung und Ausrüstung, Unterkunft
und Verpflegung, Etatsangelegenheiten, Ergänzung der Schutztruppen und deren
Ausrüstung, Beschaffungswesen, Truppentransporte, Personalangelegenheiten,
Invalidisierung, Versorgungsangelegenheiten, Kassen- und Rechnungswesen,
sanitäre, hygienische und Veterinärangelegenheiten der Schutztruppen,
Militär-Justizverwaltung.
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Kommando der Schutztruppen
An die Stelle von 1884 in Kamerun, 1889 in Deutsch-Ostafrika und
Deutsch-Südwestafrika durch Reichskommissare gebildeten kleinen
Sicherungsverbänden trat mit Gesetz vom 22.3.1891 eine Kaiserliche
Schutztruppe (RGBl.1891, S.53 und 1896, S.187; Schutztruppenverordnung vom
25.7.1898). Zunächst vom Reichsmarineamt organisatorisch betreut, danach bis
1907 von der Armeeabt. des Preußischen Kriegsministeriums, wurde das 1897
errichtete Oberkommando der Schutztruppe mit Begründung des
Reichskolonialamtes diesem unterstellt. In Togo und in den Schutzgebieten
der Südsee bestanden nur Polizeiposten. Das Pachtgebiet Kiautschou mit der
Festung Tsingtau unterstand militärisch dem Reichsmarineamt.
Das Oberkommando der Kaiserlichen Schutztruppen in der Kolonialabteilung des
Auswärtigen Amtes war lediglich der militärische Stab des Direktors der
Kolonialabteilung, dem als zivilen Beamten die Kommandoangelegenheiten
übertragen waren.
Dementsprechend war der höchste militärische Rang in diesem „Oberkommando“
ein Stabsoffizier mit der Stellung eines Regimentskommandeurs und den
Befugnissen des Chefs des Stabes. In dieser Eigenschaft taten dort Dienst:
31.08.1897 – 13.09.1906 Max Ohnesorg, Major (später Oberst)
13.09.1906 – 18.10.1908 Ferdinand Quade, Oberstleutnant
19.10.1908 – 06.04.1914 Franz Georg von Glasenapp, Generalleutnant
07.04.1914 – 14.08.1914 Ernst von Below, Oberst
Oberst von Below wurde kurz nach Kriegsbeginn wieder zum Preußischen Heer
versetzt. Die Stelle des Kommandeurs der Schutztruppen wurde – entgegen
mancherorts anderer Darstellung – nicht wieder neu besetzt. Im folgenden
Zeitraum führte der jeweilige dienstälteste Stabsoffizier die Geschäfte des
Kommandeurs. Erst „i. V.“ dann „m.d.W.d.G.b.“
14.08.1914 – 02.09.1914 Major Ferdinand Lempp (in Vertretung)
02.09.1914 – 22.03.1915 Konradin Sklode von Perbandt (in Vertretung)
24.03.1915 – 15.06.1917 Ferdinand Lempp, Major (mit der Wahrnehmung der
Geschäfte beauftragt)
23.08.1917 – 10.10.1919 Kurt Strümpell, Major (mit der Wahrnehmung der Geschäfte
beauftragt) |